As part of a long term project „Curate your Mother!”

„Überlebenskunst oder Strategien des Widerstands gegen die neoliberale Logik des Marktes, Globalisierung und H&M am Beispiel der Näherin Natalia S. aus Woronesch (RU)“

Workshop, Performance und Live Nähen
am 11. Oktober von 14 bis 18 Uhr bei SpenniundKleid
Georg-Schwarz-Strasse 16
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In Anwesenheit der Näherin Natalia S. aus Woronesch (RU)
Ihr wurde das gleiche Schicksal wie vielen sowjetischen Frauen zu Teil. Zu Sowjetzeiten arbeitete die ausgebildete Näherin in der Fabrik „Birke“ (rus.: Berezka) im Süden der provinziellen Millionenstadt Woronesch. Die einst zur „sozialistischen Heldin“ für die Übererfüllung des Jahresplanes von 1982 in der Nähereifabrik gekrönte Natalia S., machte sich nach dem Zerfall der Sowjetunion „selbstständig“. Selbstständig hieß in diesem Fall ohne rechtliche Grundlage, Steuernummer oder Krankenversicherung zu arbeiten. So läuft das bis heute. Eine offizielle Selbstständigkeit hätte für sie bedeutet, von dem sowieso mikrigen Gehalt noch einen Teil an den Staat abzudrücken. Und wer würde soetwas denn schon in Russland tun? Nähen ist nicht nur fast überall ein Frauenberuf, sondern auch eine disziplinarisch organisierte Methode der Ausbeutung. Die radikal-feministische Künstlerinnengruppe Pussy Riot musste beispielweise während ihrer Haft im Arbeitslager jeden Tag und mit unzähligen Überstunden an den Nähmaschinen der Modells „Singer“ Kleidung produzieren. Natalia S. wurde zur selben Zeit hingegen immer häufiger mit den immer selben Fragen ihrer meist langjährigen Kundinnen konfrontiert: „Alsooo, so ein ähnliches Kleid kostet bei H&M nur 10 Euro. Und das ist ein exklusives Geschäft in Woronesch. Wie viel kostet es bei Ihnen, ein Kleid zu nähen?“
Seit der aggressiven Expansion billiger Kleidungshersteller wir H&M, C&A, P&C ect. in der Stadt Woronesch musste Natalia S. einige Konkurrenzstrategien entwickeln. In den vergangen Jahren hat sie sie die zehn Gebote des postkommunistischen Nähens in ihrer privaten 30 qm kleinen Atelier-Wohnung etablieren und mehr oder weniger erfolgreich anwenden können: „schnell nähen, ohne Maße zu nehmen, Schnittbogen weglassen, immer kreativ sein, so billig wie es geht, trotzdem exklusiv und vor allem mit emotionaler Zuneigung den Menschen gegenüber, Freundschaftsknüpfung und Kontaktpflege natürlich inbegriffen.
Und obwohl die Nachbarn wegen des regen Verkehrs rund um ihre Wohnungstür im siebten Stock auch schon mal aus Argwohn die Polizei riefen, Natalia näht immer weiter. Purer Enthusiasmus!
Kommt doch vorbei, und überzeugt euch von den Nähkünsten der Natalia S.! Lasst euch ein Oberteil gegen Spende in 30 Minuten nähen. Enttäuschungen sind ausgeschlossen und ein leicht subversiver Hauch haftet jeder Klamotte auch an, versprochen.
Kuratorin des kollaborativen Projekts „Curate you Mother!“, Kristina S.
Das projekt findet in Kooperation mit dem Atelier SpenniundKleid, Georg-Schwarz-Strasse 16
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